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Einfrieren wird untersucht

Sep 18, 2023Sep 18, 2023

Posted: 1 March 2023 | Henning Gieseler (FAU Erlangen-Nürnberg), Teresa Siegert (FAU Erlangen-Nürnberg) | No comments yet

In diesem Artikel diskutieren Teresa Siegert und Henning Gieseler die Vorteile des Einsatzes der Computertomographie bei der Herstellung gefriergetrockneter pharmazeutischer Produkte sowie die Hürden, die überwunden werden müssen, um ihr Potenzial auszuschöpfen.

Dreidimensionale Bilder mittels Computertomographie (CT) liefern einen wertvollen, nichtinvasiven Einblick in die innere Morphologie gefriergetrockneter Produkte. Diese Technologie ermöglicht die Visualisierung der Porenstruktur ähnlich wie bei der Rasterelektronenmikroskopie. Es ermöglicht die Erkennung und Rückverfolgbarkeit von Strukturveränderungen und/oder Verunreinigungen sowie die Überprüfung der Integrität des Behälterverschlusses. Allerdings müssen noch Herausforderungen bei der Technik überwunden werden, wie z. B. lange Messzeiten zur Gewährleistung einer ausreichenden Auflösung und Qualitätsverluste bei der nicht-invasiven Analyse durch das Glasfläschchen.

Die industrielle CT ist eine etablierte Methode zur zuverlässigen Produkt- und Prozessentwicklung, Prozessüberwachung und Requalifizierung. Während mit herkömmlichen optischen Verfahren nur die Oberfläche beurteilt werden kann, lässt sich mit der Röntgentechnik die innere Struktur darstellen und so Defekte und Abweichungen in der Geometrie erkennen. Aus diesem Grund wird CT bereits seit mehreren Jahren in vielen Industriezweigen als zerstörungsfreie Methode eingesetzt, um hergestellte Bauteile oder Produkte besser zu charakterisieren.

Auch in der pharmazeutischen Forschung und Entwicklung wird die Röntgentechnik zunehmend eingesetzt, insbesondere zur Untersuchung fester Darreichungsformen, eine Anwendung, für die diese Technologie nahtlos übernommen werden kann. Die Erstellung eines Profils der unterschiedlichen Dichten innerhalb einer Tablette ermöglicht die Untersuchung ihrer inneren Struktur. Diese Strukturunterschiede sind auf die Tablettenpresse zurückzuführen und geben somit Aufschluss über die Prozessqualität.1 Darüber hinaus zeigen die CT-Bilder die Verteilung der Wirkstoffe und helfen bei der Erklärung des Bruchverhaltens. Auch Verunreinigungen können nachgewiesen werden, da diese meist eine höhere Dichte als die Tabletteninhaltsstoffe aufweisen.2,3

Auch im Bereich der Gefriertrocknung wird die Computertomographie eingesetzt. Durch die Visualisierung der inneren Porenstruktur können die Auswirkungen unterschiedlicher Gefrierbedingungen und/oder -situationen untersucht werden.4 Die Gefriergeschwindigkeit beeinflusst die Porengröße und -verteilung, die dann im 3D-Bild erfasst werden und so eine optimale Anpassung der Prozessparameter ermöglichen die gewünschten Eigenschaften des Endprodukts. Darüber hinaus kann damit die Stoffübergangsrate während der Primärtrocknung abgeschätzt werden.5

Abbildung 1 : Röntgenbilder von Fläschchen mit einer Lösung von S-Adenosyl-L-methionin (100 mg/ml), die unterschiedliche Grade des Kuchen-Mikrokollapses zeigen. Bilder aufgenommen mit dem CTportable 25.50 Mikrotomographen (Fraunhofer IIS, Fürth, Deutschland).

Es gibt jedoch ein weitaus größeres, aber oft übersehenes Anwendungspotenzial für die CT in der pharmazeutischen Gefriertrocknung. Selbst mit einfachen zweidimensionalen (2D) Röntgenbildern können gefriergetrocknete Kuchenstrukturen erkannt werden. Während ein eleganter Kuchen homogen und gleichmäßig gefärbt erscheint, kommt es beim Trocknen zu einem Mikrokollaps, sodass das hochporöse Material zu schrumpfen beginnt und eine heterogenere Struktur entsteht – diese Bereiche erscheinen dann im Röntgenbild dunkler. Somit ist es möglich, Strukturfehler, die von der Oberfläche aus nicht sichtbar sind, zu erkennen und die Trocknungsbedingungen entsprechend anzupassen (Abbildung 1 ). Wenn von den Kuchen dreidimensionale (3D) Rekonstruktionen erfasst werden, können diese Defekte deutlicher identifiziert werden. Die wabenartige Porenstruktur, die bei eleganten Kuchen zu sehen ist, geht in ein unregelmäßiges Netzwerk mit stäbchenförmigen Strukturen über, die teilweise zusammengefaltet sind und tropfenförmige Enden haben. Mit dieser Technologie können selbst kleinste Anzeichen eines Mikrokollapses ohne invasive Untersuchung mittels Rasterelektronenmikroskopie erkannt werden.6

Ähnlich wie bei Tabletten könnte auch bei gefriergetrockneten Produkten eine Prüfung auf Verunreinigungen durchgeführt werden. Aufgrund des geringen Feststoffgehalts im gefriergetrockneten Kuchen und der damit verbundenen geringen Dichte unterscheidet sich der Kuchen gut von den Verunreinigungen (Figur 2 ). Diese Verunreinigungen gelangen manchmal während des Herstellungsprozesses in die Durchstechflasche, beispielsweise können Silikon- oder Metallpartikel über den Stopfen eindringen. Kommt es zu Glasbruch, kann es auch zu Verunreinigungen durch kleine Glaspartikel kommen. Da diese Partikel meist sehr klein sind und sich im Inneren des Kuchens befinden, können sie bei der herkömmlichen optischen Inspektion nicht erkannt werden und stellen somit ein großes Risikopotenzial für den Patienten dar. Eine automatisierte 100-Prozent-Inspektion mittels Röntgentechnologie könnte kontaminierte Fläschchen erkennen und aussortieren, bevor sie auf den Markt kommen. Treten bestimmte Verunreinigungen häufiger auf und deuten somit auf ein defektes Gerät hin, können fehlerhafte Prozessschritte frühzeitig erkannt und verhindert werden.

Figur 2 : 3D-Rekonstruktion eines Fläschchens mit 50 mg/ml Mannitol-Formulierung und zugesetzten Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk-Verunreinigungen. Zu erkennen sind die Verunreinigungen sowie eine heterogene Struktur des Kuchens und der darauf gebildeten Haut. Aufgenommen und rekonstruiert von C. Schulbert (Geozentrum Nordbayern, Erlangen, Deutschland) im Phoenix V|tome|xs (Waygate Technology, Hürth, Deutschland).

Auch die optische Kohärenztomographie-Gefriertrocknungsmikroskopie (OCT-FDM)7 könnte auf Basis der Computertomographie potenziell eingesetzt werden und so die Strukturveränderungen innerhalb des Kuchens während der Trocknung beobachten und in 3D darstellen. Dies liefert Informationen über das Verhalten der Formulierung während der Gefriertrocknung in einer realistischen Messumgebung. Auch die mit dieser Technik ermittelte Kollapstemperatur kommt dem realen Produktverhalten näher als beispielsweise mit einer DSC-Messung.7 Diese Erkenntnisse können zur Optimierung der Trocknungsparameter genutzt werden.

Eine weitere mögliche Anwendung der CT ist die Überprüfung der Versiegelung von Fläschchen nach dem Verschließen mit Aluminiumkappen. Um die Sterilität zu gewährleisten, muss das Fläschchen ordnungsgemäß verschlossen sein. Ein fehlerhafter Verschluss der Aluminiumkappen konnte anhand der Röntgenbilder anhand von Dichteunterschieden von Fläschchen, Stopfen und Kappe erkannt werden. Wenn zum Beispiel die Aluminiumkappe schief auf dem Stopfen sitzt oder den Flaschenrand nicht richtig umschließt, wird dies im CT erkannt.

…Computertomographie (CT) könnte in Zukunft eine vollautomatische Charakterisierung von Fläschchen ermöglichen.“

Die oben genannten Beispiele verdeutlichen, dass die CT in Zukunft eine vollautomatische Charakterisierung von Fläschchen ermöglichen könnte. Da die herkömmliche visuelle Inspektion bereits durch automatisierte Kamerasysteme ersetzt werden kann,8 könnte die CT zu einer Reduzierung von Fehlern durch menschliche Inspektion, Kosteneinsparungen und einer höheren Qualität gefriergetrockneter Produkte führen.

Bevor CT in der industriellen Gefriertrocknung eingesetzt werden kann, müssen mehrere Herausforderungen gemeistert werden. Erstens ist die wünschenswerte Lösung immer noch ein Problem. Eine genaue Visualisierung der inneren Porenstruktur erfordert eine ausreichend kleine Pixelgröße. Bei guter Auflösung wird jedoch der Zeitparameter entscheidend. Je besser die Auflösung, desto länger dauert die Messung. Beispielsweise dauert eine hochauflösende Messung beispielsweise im Mikrotomographen SkyScan 1275 (Bruker MicroCT, Kontich, Belgien) mit einer Pixelgröße von 18 µm und einem Rotationsschritt von 0,25° etwa eineinhalb Stunden.6

Bevor CT in der industriellen Gefriertrocknung eingesetzt werden kann, müssen mehrere Herausforderungen gemeistert werden. Erstens ist die wünschenswerte Lösung immer noch ein Problem. Eine genaue Visualisierung der inneren Porenstruktur erfordert eine ausreichend kleine Pixelgröße. Bei guter Auflösung wird jedoch der Zeitparameter entscheidend. Je besser die Auflösung, desto länger dauert die Messung.“

Mit einer Messzeit im Bereich von mehreren Minuten kann eine gute Auflösung erreicht werden. Während dies im Forschungsumfeld durchaus machbar ist, ist es im industriellen Maßstab nicht anwendbar. Im Durchschnitt werden 30.000 – 60.000 Fläschchen konventionell in einer kommerziellen Charge über einen Zeitraum von etwa drei Tagen getrocknet. Anschließend würde eine 100-Prozent-Inspektion von 60.000 Fläschchen mit nur einer Minute Messzeit bis zur endgültigen Produktfreigabe rund 42 Tage dauern. Wird die Dauer des Scans durch Erhöhung der Pixelgröße und der Rotationsgeschwindigkeit der Probe weiter verkürzt, kommt es zu einem erheblichen Auflösungsverlust. Eine Lösung könnten hier sogenannte in vivo-CT-Geräte sein, die darauf ausgelegt sind, schnelle Scans von Tieren durchzuführen und so die Messzeit auf den Bereich von Sekunden zu verkürzen.9

Wenn CT zur Erkennung von Verunreinigungen eingesetzt wird, ist die Auflösung noch wichtiger, da Partikel Durchmesser von weniger als 50 µm erreichen können. Die Erkennbarkeit der Partikel wird nicht nur durch die technischen Möglichkeiten der Geräte begrenzt; Auch physikalische Phänomene beeinflussen die Erkennbarkeit. Da es sich bei Röntgenstrahlen um elektromagnetische Strahlung handelt, können sie auf unterschiedliche Weise mit Materie interagieren. Dies führt dazu, dass der Röntgenstrahl beim Durchgang durch Materie schwächer wird, wobei der Grad der Abschwächung von der Art des Materials abhängt. Die Intensität nimmt also exponentiell mit der eingedrungenen Länge ab.10 Dies stellt ein großes Problem für die Partikelerkennung in gefriergetrockneten Kuchen dar, da der Durchmesser des Fläschchens im Vergleich zur Partikelgröße deutlich größer ist. Somit ist der Dichteunterschied zwischen Kuchenmaterial und Partikel für die Dämpfung vernachlässigbar. Das bedeutet, dass das Partikel nicht mehr erkannt werden kann. Eine Erhöhung der Anregungsspannung würde zu einer besseren Durchlässigkeit des Materials führen, allerdings würde der Bildkontrast verringert werden.11,12

Figur 3 : Röntgenbilder einer 20-ml-Durchstechflasche aus geformtem Glas (links) und einer 20-ml-Durchstechflasche aus röhrenförmigem Glas (rechts). Bilder aufgenommen mit dem CTportable 25.50 Mikrotomographen (Fraunhofer IIS, Fürth, Deutschland).

Auch der Einfluss des Glasfläschchens auf die CT-Bilder muss berücksichtigt werden. Im Vergleich zur Kuchenmatrix weist Glas eine deutlich höhere Dichte auf und absorbiert daher Röntgenstrahlen sehr gut. Der Bildkontrast ist daher geringer als bei einer Analyse ohne Fläschchen,6 es handelt sich jedoch nicht um eine nicht-invasive Methode. Auch die Art des Glases muss berücksichtigt werden. Röhrenglas weist eine homogene Wandstärke auf, während Formglas teilweise Unterschiede in der Wandstärke aufweist. Dadurch erscheint das Glas im Röntgenbild uneben und dunkler, sodass Poren oder Verunreinigungen schlechter zu erkennen sind (Figur 3).

Mit der Weiterentwicklung der Technologie und der Tatsache, dass CT eine etablierte Technik ist, wird ihre Bedeutung bei der Gefriertrocknung wahrscheinlich zunehmen. Seine zahlreichen Anwendungsmöglichkeiten verdeutlichen das große Potenzial zur Verbesserung der Qualität gefriergetrockneter Kuchen. Dadurch kann der Ausschuss von Produktfläschchen reduziert und die Sicherheit der Anwendung gewährleistet werden. Weitere Arbeiten sind erforderlich, um festzustellen, ob die aktuellen Hürden überwunden werden können und ob CT in Zukunft als Inspektionsgerät in der Gefriertrocknungsindustrie eingesetzt werden kann.

Teresa Siegert studierte Chemie an der Universität Regensburg und erhielt 2020 ihren Masterabschluss. Anschließend trat sie 2021 als Doktorandin der Fokusgruppe Gefriertrocknung im Fachbereich Pharmazeutik der Universität Erlangen bei. Ihr Forschungsinteresse gilt der Anwendung der Computertomographie zur Untersuchung gefriergetrockneter Produkte.

Henning Gieseler, PhD ist ein in Deutschland zugelassener Apotheker, hat einen Doktortitel in Pharmazeutik und erhielt 2010 die venia legendi in Pharmazeutischen Wissenschaften von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg mit der Arbeit „Quality by Design (QbD) in Freeze-Drying Using Advanced Process“. Analytische Technologie“. Derzeit arbeitet er als Chief Scientific Officer bei der GILYOS GmbH, einem Auftragsforschungsunternehmen für gefriergetrocknete Produkte, das er 2010 gegründet hat. Darüber hinaus ist er als Lehrbeauftragter an der FAU Erlangen-Nürnberg tätig und Gruppenleiter der Fokusgruppe Gefriertrocknung (FDFG) am Fachbereich Pharmazie in Erlangen.

1. Sinka IC, Burch SF, Tweed JH, Cunningham JC. Messung von Dichteschwankungen in Tabletten mittels Röntgen-Computertomographie. Int J Pharm 2004; 271(1-2): 215–24 [https://doi.org/10.1016/j.ijpharm.2003.11.022][PMID: 15129988]

2. Hancock BC, Mullarney MP. Röntgenmikrotomographie fester Darreichungsformen. PharmTech 2005, 1. April.

3. Sovány T, Kása P, Vakli K, Pintye-Hódi K. Röntgen-Computermikrotomographie zur Bestimmung der Beziehungen zwischen Struktur und Bruch von geritzten Tabletten. Röntgenspektrometer. 2009; 38(6): 505–9 [https://doi.org/10.1002/xrs.1205]

4. Mousavi R, Miri T, Cox PW, Fryer PJ. Eine neuartige Technik zur Visualisierung von Eiskristallen in gefrorenen Feststoffen mithilfe der Röntgen-Mikrocomputertomographie. J Lebensmittelwissenschaft 2005; 70(7): e437-e442 [https://doi.org/10.1111/j.1365-2621.2005.tb11473.x]

5. Foerst P, Melo de Carvalho T, Lechner M, et al. Abschätzung der Stoffübergangsrate und der Primärtrocknungszeiten während der Gefriertrocknung gefrorener Maltodextrinlösungen basierend auf Röntgen-μ-Computertomographie-Messungen der Porengrößenverteilungen. J. Food Eng. 2019; 260: 50–7 [https://doi.org/10.1016/j.jfoodeng.2019.05.002]

6. Haeuser C, Goldbach P, Huwyler J, et al. Bildgebende Verfahren zur Charakterisierung des Kuchenaussehens gefriergetrockneter Produkte. J Pharm Sci 2018; 107(11): 2810–22 [https://doi.org/10.1016/j.xphs.2018.06.025][PMID: 30005985]

7. Mujat M, Greco K, Galbally-Kinney KL, et al. Optische Kohärenztomographie-basierte Gefriertrocknungsmikroskopie. Biomed Opt Express 2012; 3(1): 55–63 [https://doi.org/10.1364/BOE.3.000055][PMID: 22254168]

8. ATS-Automatisierungs-Werkzeugsysteme. Software & Inspektion; 2021 [zitiert im Mai 2022] Verfügbar unter: URL: https://atslifescienceseurope.atsautomation.com/technologien/softwareloesungen/#1618856837892-aa8180ec-511b.

9. In Vivo MicroCT | Hohe Auflösung | Desktop; 2022 [zitiert im April 2022] Verfügbar unter: URL: https://www.bruker.com/en/products-and-solutions/preclinical-imaging/micro-ct/skyscan-1276.html.

10. Ardenne MB. Elektronen-Übermikroskopie: Physik · Technik · Ergebnisse. Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg 1940.

11. Turner JE. Atome, Strahlung und Strahlenschutz. 3. komplett rev. und enl. Hrsg. Weinheim: Wiley 2007.

12. Krieger H. Grundlagen der Strahlungsphysik und des Strahlenschutzes. 4. Aufl. 2012. überarb. u. erw. Wiesbaden: Vieweg+Teubner Verlag 2012.

Ausgabe 1 2023

Analysetechniken, Biopharmazeutika, Produktion, Technologie

FAU Erlangen-Nürnberg

Henning Gieseler (FAU Erlangen-Nürnberg), Teresa Siegert (FAU Erlangen-Nürnberg)

Abbildung 1Abbildung 1Figur 2Figur 2Figur 3Figur 3Teresa SiegertHenning Gieseler, PhD